“See what you`re part of!”
Ein paar Wochen – und das Gleiche wird anders. Eng-Land ist nun überall. Nicht mehr ich habe Eng-Land aufgesucht, sondern Eng-Land mich. Die grosse Freiheit des Reisens ist sehr eng geworden. Ich bin an einem Platz, wie ich sie liebe. Eigentlich. Sonst.
Allein und ungestört am Canal du Midi. Mit Weitsicht. Auf
die eine Seite schauend erahnt man am Ende der Fläche das Meer, auf der andern
sieht man über Rebenfelder hinweg auf einen langgezogenen Hügel. Die Sonne wärmt,
und es riecht nach Frühling. Eigentlich. Das Dorf in der Nähe ist so, wie man
ein Dorf hier erwartet: Im Zentrum ältere Häuser, eine zu grosse
zitadellenartige Kirche und ein Dorfplatz mit ein paar Bäumen und genügend
Tischen vor den zwei Bistros. Aber keine Menschen. Ein Mädchen schlüpft von
einer Haustür in die nächste, ein 17-Jähriger sitzt etwas versteckt an eine
Hauswand angelehnt auf seinem Moped und starrt auf sein Handy, und ein alter
Mann schlendert in Hausschuhen durch eine Gasse.
Manchmal trägt der Wind vom Dorf her Lautsprecherdurchsagen zu
mir herüber. Sie erinnern mich an die Gemüse- und Früchtehändler, die mit ihren
Lieferwagen langsam durch die Dörfer fahren. Andernorts. Auf dem Fussweg dem
Kanal entlang habe ich wenige Begegnungen, und diese verlaufen ganz nach
englischem Muster mit einem freundlichen Grüssen. Mehr nicht. Dafür mit einem
gedachten „So, du bist auch unterwegs“. „Social distancing“ – ich fühle mich
einige Wochen zurückversetzt nach Eng-Land. Dort beherrschen sie das Social
distancing auch ohne Lautsprecherdurchsage. Wir müssen jetzt lernen voneinander
und miteinander, werden wir aufgefordert.
Ich lerne zum Beispiel allein zu sein. Etwas, von dem ich
glaubte, ich könne es sehr gut. Etwas, das ich geschätzt und immer wieder
gesucht habe. Doch jetzt, wo keine andere Möglichkeit besteht, wo ich es nicht
von mir aus wähle, ist es entschieden anders. Wirklich anders. Es ist die
Wirklichkeit. Es ist nicht mehr (nur) die Erfüllung des Wunsches, mit einem gut
ausgerüsteten Wohnwagen und einer Kreditkarte in der Tasche andere Länder und
andere Wirklichkeiten anzupeilen. Der
Spass-Faktor ist auf der Strecke geblieben. Irgendwo zwischen Spanien und
Frankreich. Eng-Land ist anders geworden.
Der Alltag? – Am Morgen Kaffee und Zigarette. Zuerst im
Bett, dann am Tisch, dann in der geöffneten Tür an der Sonne. Tagsüber lesen
(wenig), dösen (viel), nachdenken (worüber eigentlich?), das Handy streicheln
(sehr viel), den Hund streicheln (weil er`s verdient), spazieren gehen (mit der ausgefüllten Attestation de déplacement - "aux besoins des animaux de compagnie"), Essen zubereiten (zwischen Gemüseeintopf und Büchsen-Ravioli – warum ist
mir das Fleisch verleidet?) und schlafen (viel).
Gestern die spontane Idee: Zur Abwechslung die vier Wände,
die sogenannten, von aussen anschauen. Hier das Resultat: