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Freitag, 20. Dezember 2024

Peloponnes - und dann heim nach Kreta


 

 

 

 

 

 

Über die grosse Hängebrücke gelange ich nach Patras und damit auf den Peloponnes

Erinnerungen werden wach an das Jahr 1972, als ich knappe 19 Jahre alt war und wir auf einer von den Lehrern organisierten Reise hier mit dem Schiff anlegten. Erinnerungen an den ersten Schluck Ouzo („Ist das Alkohol oder ein starker Anis-Sirup“?), Erinnerungen, wie schwierig es damals in der Zeit der Militärdiktatur war, Milch fürs Frühstück zu bekommen, sowie Erinnerungen an die unübersehbaren Plakate des Regimes. Exotisch für uns Burschen mit den langen Haaren und die Mädchen mit den kurzen Röcken. Gerade wegen diesen Erinnerungen ist der Peloponnes etwas Besonderes. Es ist nicht nur ein Ankommen in einem andern Teil der EU, in einem andern Teil des geglätteten Europa. Es ist auch ein Rückwärts-Ankommen in einer andern Zeit. Der 70-Jährige trifft den 19-Jährigen! Jetzt mit Chevrolet und Wohnwagen, damals nach einer windigen Nacht mit Luftmatratze und Schlafsack auf dem Schiffsdeck. (Eva hiess sie, neben deren Luftmatratze die meinige zu liegen kam.)

Bei einem alten, leeren Steinhäuschen, natürlich mit Olivenbäumen rundherum, finde ich einen Platz für mich. Doch am zweiten Tag werde ich verscheucht. Der Mann erklärt mir, das sei ein archäologischer (!) Platz, Campieren sei hier nicht erlaubt. Ich muss innerlich schmunzeln, erstens weil gar nichts auf dergleichen hindeutet, und zweitens, weil er es 10 mal wiederholt, obwohl ich mich schon beim ersten Mal sofort bereit erkläre, das Feld zu räumen. Er hat wohl eine längere Diskussion erwartet und muss nun diese quasi alleine führen.

In Methoni, an einem der südlichen Zipfel des Peloponnes, ist das Wetter schön, tagsüber gut 20 Grad, in der Nacht kühlt es ab.

Über Kalamata gelange ich auf den nächsten Zipfel, zu der Kleinstadt Areopoli. Aber das Wetter hat sich jetzt geändert. Es regnet jeden Tag, manchmal sehr stark. Einige Wassertropfen finden den Weg ins Wohnwageninnere, was die Stimmung nicht aufheitert. Ein Glücksfall in dieser Situation, dass ich in der Nähe an einer nicht betriebenen Tankstelle einen Unterstand finde. Die Wettervorhersage verspricht keine Besserung für die nächste Woche. (Ich habe ein Dach, ich kann heizen, ich kann kochen… und ich habe ein Fläschli Metaxa gekauft…)



Nachdem das schlimmste Wetter überstanden ist, geht es in die kleine Hafenstadt Githio. Von hier aus verkehrt einmal wöchentlich eine Fähre nach Kreta. Kreta – das Ziel. Die Überfahrt ist gebucht – in 10 Tagen wird rübergeschifft.




Frau Rozakis ist auf Zackis. Am nächsten Tag sagt sie mir, es hätte schon diesen Mittwoch Platz auf der Fähre. Ich zögere nicht.

Um 11 Uhr abends Ankunft in Kreta. Es soll gleich am nächsten Tag an die Südküste gehen. Die ersten „Typisch-Kreta-Idyllen“ erwarten mich am Strassenrand. Insbesondere liebe ich unbenutzte, wenn möglich umgekippte herumliegende Stühle. In Plakias treffe ich dann auf umgekipptes Wetter. Na gut, es weihnachtet auch hier.




Manchmal trifft man auf Orte und dazugehörende Gesichter, die man von früher kennt. Antonis „Selbstgebaut“-Laden an der Strassenkreuzung sieht immer noch gleich aus Er ist ein alter Mann geworden (da schliesse ich mich selbst nicht aus), auf seiner Nase versucht eine Wunde zu heilen (ein Stück Holz seines Ladens sei draufgefallen). Wir erkennen und begrüssen uns. Seine Frau sei gestorben, sagt er, er lebe jetzt gleich da hinten, und er zeigt auf den andern „Nase-kaputt“-Verschlag. Was er verkauft, ist alles mit „organic“ und „bio“ angeschrieben. Bio versteht sich wohl als ohne weiteren Aufwand selber produziert, als das Logische. Ohne Bio-Label-Zertifizierung aus Athen. Dies gilt auch für den Wein, den er uns einschenkt: Es gibt Trauben, und wenn man sie presst, entsteht daraus Wein. Fertig.

Nur wenige Kilometer weiter, unten am Meer, befindet sich Matala, welches seine Bekanntheit nicht erst durch die Ankunft der Hippies erlangt hat, sondern lange vorher durch jene von der schönen Königstochter Europa. Allerdings war ihre Reise nach Kreta keine freiwillige, sondern sie wurde von Zeus himself hierher entführt. Als Stier soll er sie auf seinem Rücken übers Meer getragen haben (Stiere sind gewandte Schwimmer…), um sich dann am Strand subito zurückzuverwandeln. Das ginge heute nicht mehr – damals Schänder, heute Gender.



Und immer noch bin ich ohne Drohne unterwegs - das geht!